Der Koalitionsvertrag steht, aber Sozialstaat ade?
Seit wenigen Tagen steht der Koalitionsvertrag der neuen (wahrscheinlichen) Bundesregierung aus der CDU, CSU und der SPD. Wie zu erwarten war, zeigt sich auch in den Fragen der sozialrechtlichen Programmatik wenig Mut, kaum Erneuerung und mehr Restriktion. Im Folgenden werde in Kürze auszugsweise einzelne Maßnahmen benannt, die im Koalitionsvertrag benannt sind und letztlich auch umgesetzt werden sollen. Der Vertrag ist hier zu finden: https://www.spd.de/fileadmin/Dokumente/Koalitionsvertrag_2025.pdf
Bürgergeld - SGB II Leistungen
Weitgehende Rückabwicklung der Reformen aus der Ampelregierung in den Bereichen der Sanktionsmöglichkeiten, Karenzzeiten und Schonvermögen.
Abbau von Mittlungshemmnissen: Arbeit vor Qualifizierung
Unter Berücksichtigung höchstrichterlicher Entscheidungen soll es für sog. “Total-Verweigerer“ wieder 100% Sanktionen geben
Abschaffung der Karenzzeit für Vermögen; Kopplung gebunden an die “Lebensleistung“
Abschaffung der Karenzzeit für unangemessene KDU
Rückgriff auf den Anpassungsmechanismus der Regelsätze auf den Rechtsstand vor der Corona-Pandemie
Für alle Flüchtlinge die einen eAT nach § 24 AufenthG haben und nachdem 01. April 2025 in Deutschland eingereist sind, sollen wieder Leistungen nach dem AsylbLG erhalten und nicht mehr nach dem SGB II
Bildung und Teilhabe
Erhöhung des Teilhabetrages von 15 EUR auf 20 EUR im Monat pro Kind
Erprobung einer flächendeckende Gewährung von Leistungen nach diesem Buch für ein “bürokratiearmes“ Budget für das Mittagessen
Elterngeld
Ziel ist die Erhöhung der Väterbeteiligung in der Elternzeit, die bspw. durch höhere Lohnersatzraten gelingen soll.
Änderung in der Aufteilung der Bezugsmonate des Elterngeldes
(Erneute) Anhebung der Einkommensgrenzen sowie der Mindest- und Höchstbeträge des Elterngeldes
Kinderzuschlag und Wohngeld
Grundsätzliches Ziel ist die Zusammenführung vom Kinderzuschlag und Wohngeld.
Fortwährende Digitalisierung der Antragstellung und Einführung einer App, die potentiell Leistungsberechtigen Informationen niedrigschwellig zur Verfügung zu stellen
Unterhaltsvorschuss
Einführung härterer Strafen bei säumigen Unterhaltsverpflichteten Personen durch bspw. Entzug des Führerscheins, um die Rückgriffquote deutlich zu erhöhen
Unterjährige Auskunftspflicht von Unterhaltsschuldnern nach dem UVG
Prüfung der Höhe der Pfändungsgrenzen, die jedoch bereits unterhalb der Freibeträge des Pfädungsschutzes liegen
Nunmehr 50% Anrechnung des Kindergeldes auf den Unterhaltsvorschuss
BAföG
Erhöhung der Wohnkostenpauschale zum Wintersemester 2026/2027 auf pauschal 440 EUR
Dynamisierung der Freibeträge bei der Antragstellung
Endgültige Anpassung des Grundbedarfes an dem Niveau der Grundsicherung bis 2029 - gilt ebenso bei Schüler-BAföG
Keine Änderung bei der Darlehensdeckelung
Vereinfachung und Digitalisierung der jährlichen Folgeanträge
Bestand der Kopplung der Hinzuverdienstgrenze an dem Niveau des Minijobs - derzeit 556 EUR
Das waren grundsätzlich die wichtigsten geplanten Maßnahmen, die faktisch bis auf die sinnvolle Zusammenlegung von Kinderzuschlag und dem Wohngeld wenig Neues und Innovatives beinhaltet. Keine Abschaffung der gestaffelten Regelsätze im SGB II oder dem AsylbLG, keine zügige und sorftige Anpassung des Grundbetrages beim BAföG oder keine Integration der Stromkosten in die Bedarfe der Unterkunft usw.
Es bleibt jedoch abzuwarten, welche weiteren Änderungen vor allem die geplante Kommission zur Sozialstaatsreform bis Ende 2025 tatsächlich vorschlagen wird, um den Sozialstaat deutlich fairer, transparenter und digitaler zu machen.