Wegweisendes Urteil des BSG. Zum Leistungsausschluss und Wohnsitzmeldung von EU-BürgerInnen

In einem beachtlichen Urteil hat sich das BSG am 20. September 2023(B 4 AS 8/22 R, es gibt nur den Terminbericht) mit der Frage auseinander gesetzt, ob für den Leistungsanspruch nach 5 Jahren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, auch dann ein Anspruch besteht, wenn es keine durchgehende Wohnsitzmeldung gab. Von großer Bedeutung ist diese Frage vor allem für wohn- oder obdachlose EU-BürgerInnen, die seit längerem in Deutschland leben und bisher häufig von SGB-II-Leistungen ausgeschlossen sind.

Im konkreten hat das BSG entschieden, dass es nicht auf eine durchgehende Wohnsitzanmeldung ankommt, sondern nur auf die erstmalige Anmeldung im Bundesgebiet.

Hierzu sagt die GGUA: „Denn diese habe für den Fristbeginn der fünf Jahre „konstitutive Wirkung“. Danach muss zwar fünf Jahre ein gewöhnlicher Aufenthalt vorliegen, die Wohnsitzanmeldung muss aber nicht durchgehend vorliegen. Im konkreten Fall hatte der Kläger auf vielfältige Weise glaubhaft gemacht, dass er bis auf wenige Tage Unterbrechung fünf Jahre lang in Deutschland gelebt hatte, z.B. durch eine Arbeitsbescheinigung, eine Lohnsteuerbescheinigung, Arztbesuche, Aufenthalt von einigen Tagen im Gefängnis, Bestätigung über ein Vorstellungsgespräch und Zeugenaussagen. Da er zeitweilig wohnungslos war, gab es aber keine durchgehende Wohnsitzanmeldung. […]“

Die KollegInnen der GGUA haben sich mit dieser Frage noch intensiver auseinandergesetzt und hier ist der Beitrag zu finden: https://www.ggua.de/aktuelles/einzelansicht/anspruch-auf-sgb-ii-nach-fuenf-jahren-aufenthalt-auch-ohne-durchgehende-wohnsitzanmeldung/

Grundlegend ist dieses Urteil von großer Bedeutung für EU-BürgerInnen, die sich schon lange in Deutschland aufhalten und hier leben, aber aus diversen Gründen wohnungs- oder gar obdachlos geworden sind. Dem Grunde nach sagt das SGB II, dass nach fünf Jahren Aufenthalt gemäß §7 Abs.1 S.4 SGB II kein Leistungsausschluss des §7 Abs.1 S.2 SGB II mehrvorliegt. Vorher würde nur ein Anspruch auf Überbrückungsleistungen nach §23 Abs.3 S.5ff SGB XII bestehen.

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