Wegweisendes Urteil vom EUGH? Zur Freizügigkeit von EU-BürgerInnen
In einem aktuellen Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 21. Dezember 2023 (EuGH, C 488/21) wurde ein möglicherweise wegweisendes Urteil zu Fragen der Freizügigkeitsrechts und dem Anspruch auf Sozialleistungen gefällt. Im vorliegenden Fall ging es um die Mutter einer rumänisch-irischen StaatsbürgerIn in Irland, aber das Urteil entfaltet auch Wirkung auf das deutsche Recht.
Die KollegInnen der GGUA haben sich ausführlich mit dem Urteil auseinandergesetzt und ziehen u.a. folgendes Fazit: „Für Deutschland hat dieses Urteil eine nicht unwesentliche, klarstellende Bedeutung: Dies bedeutet nämlich, dass die Familienangehörigen, denen von einer als Arbeitnehmer*in tätigen Unionsbürger*in Unterhalt geleistet wird (bzw.: wurde), stets einen Anspruch auf Leistungen nach SGB II oder XII haben. Eine Ablehnung mit Verweis auf die dann wegfallende Unterhaltsleistung und das fehlende Freizügigkeitsrecht ist unzulässig. Auch die Verweigerung von Eingliederungshilfeleistungen nach dem SGB IX oder Leistungen in besonderen sozialen Schwierigkeiten oder anderen Lebenslagen nach dem SGB XII ist unzulässig.
Als Familienangehörige, die ein Freizügigkeitsrecht aufgrund der Unterhaltsleistung haben, zählen:
• die Verwandten in aufsteigender Linie der Unionsbürger*in oder ihres Ehegatten (also Eltern und Schwiegereltern, Großeltern) sowie
• die Verwandten in absteigender Linie ab 21 Jahre der Unionsbürger*in oder ihres Ehegatten (also Kinder, Stiefkinder, Enkelkinder usw.).
• Verwandte in absteigender Linie (also Kinder, Stiefkinder, Enkel), die unter 21 Jahre alt sind, haben das Freizügigkeitsrecht als Familienangehörige auch ohne die Voraussetzung der Unterhaltsleistung.“
Die komplette Stellungnahme ist hier zu finden: https://www.ggua.de/startseite/
Und hier findet sich die ausführliche Urteilsbegründung: https://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2023-12/cp230204de.pdf