Ich bin geduldet oder gestattet: Kann ich einen Wohnberechtigungsschein bekommen?

Der Beratungsalltag zeigt, dass insbesondere das Thema: Wohnen und Wohnraumsicherung von nicht zu unterschätzender Bedeutung sind, ermöglichen sie doch eine Teilhabe in das soziale Umfeld. Die Suche nach einem geeignten Wohnraum stellt vor allem Personen vor Herausforderungen, die über kein oder wenig Einkommen verfügen.

Für in diesem Sinne hilfebedürftige Menschen dienen die von den Kommunen ausgestellten Wohnberechtigungscheine (auch WBS) eine Möglichkeit dar, an kostengünstigeren Wohnraum zu gelangen - zumindest in der Theorie.

Die Voraussetzungen sind i.d.R. erfüllbar - muss doch bspw. die Hilfebedürftigkeit oder die Anzahl der Haushaltsmitglieder nachgewiesen werden. Allerdings stehen Personen, die weder die deutsche Staatsangehörigkeit, noch EU-Bürger*in sind, noch über einen (unbefristeten) Aufenthalt verfügen, vor einem komplizierten Problem.

Suchen - was auch immer der (individuelle) Grund sein mag - Personen, die eine Gestattung oder Duldung haben, eine Wohnung, sind sie zunächst davon ausgeschlossen, einen WBS zu erhalten. Es gibt keine einheitlichen Regelungen in den Kommunen und auch die jeweiligen Bundesländer haben eigene Bestimmungen getroffen.

In der Beratungspraxis stellt sich dennoch die Frage:Kann ich einen WBS bekommen, auch wenn ich gestattet oder geduldet in Deutschland lebe?

Eine Stellungsnahme des zuständigen Referats auf Bundesebene hat hierzu im Jahr 2022 ausführlich Stellung bezogen, was nun in Kürze dargestellt werden soll. Die Drucksache des Deutschen Bundestages ist hier zu finden: https://www.bundestag.de/resource/blob/899876/1c4279c4c608d8d6d20e3803bf523820/WD-3-048-22-WD-7-032-22-pdf.pdf

Dort heißt es unter anderem:

"In der Rechtsprechung wird danach unterschieden, welchen Aufenthaltsstatus der Ausländer hat. Abgegrenzt werden insbesondere Personen mit einem Aufenthaltstitel im Sinne des § 4 Aufenthaltsgesetz (AufenthG), Personen, die vollziehbar ausreisepflichtig sind und Personen mit einer bloßen Aufenthaltsgestattung gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 Asylgesetz (AsylG) zur Durchführung des Asylverfahrens oder einer Duldung gemäß § 60a AufenthG. Eine Duldung setzt voraus, dass der Ausländer grundsätzlich ausreisepflichtig ist, die Abschiebung aber aufgrund eines (tatsächlichen oder rechtlichen) Abschiebungshindernisses nicht vollzogen werden kann. 

Beispiele dafür sind etwa Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG oder dringende humanitäre oder persönliche Gründe. Nach der herrschenden Rechtsprechung ist für die Erteilung eines Wohnberechtigungsscheins kein Aufenthaltstitel erforderlich.  Ist ein Ausländer allerdings vollziehbar ausreisepflichtig, so kann von einem dauerhaften Aufenthalt im Bundesgebiet nicht ausgegangen werden, sodass kein Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein besteht. Verfügt der Antragsteller nur über eine Duldung, so unterscheiden die Gerichte danach, ob das zugrunde liegende Abschiebungshindernis dauerhaft oder nur vorübergehend ist. Bei einem nur vorübergehenden Hindernis gehen die Gerichte davon aus, dass ein dauerhafter Aufenthalt im Sinne des § 27 Abs. 2 Satz 2 WoFG nicht besteht.

Anders beurteilen die Gerichte den Sachverhalt, wenn bei einem Antragsteller ein dauerhaftes Abschiebungshindernis besteht. Bei solchen Personen sei ein längerfristiger Aufenthalt im Sinne von § 27 Abs. 2 Satz 2 WoFG gegeben.Ein dauerhaftes Abschiebungshindernis kann etwa aus familiären Gründen nach 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG i.V.m. Art. 6 GG und Art. 8 EMRK bestehen oder in dem Fall, dass aufgrund der humanitären Zustände im Heimatland bereits seit vielen Jahren keine Abschiebungen dorthin durchgeführt werden. Als nicht hinreichend für einen dauerhaften Aufenthalt im Sinne von § 27 Abs. 2 Satz 2 WoFG beurteilen die Gerichte grundsätzlich die Aufenthaltsgestattung, die nur für die Zeit des Asylverfahrens besteht. Diese werde zwar grundsätzlich für die Dauer von einem Jahr erteilt, sie erlösche aber auch kraft Gesetzes mit dem Ende des Asylverfahrens. Im Falle einer Ablehnung des Asylantrags ergebe sich daraus die Ausreisepflicht. 

Daher könne im Fall der Aufenthaltsgestattung nicht von einem dauerhaften Aufenthalt gesprochen werden. Ausnahmsweise bestätigt die Rechtsprechung den Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein dann, wenn dem Asylbewerber nach Auskunft der Ausländerbehörde voraussichtlich ein Aufenthaltstitel mit einer Geltungsdauer von mindestens einem Jahr erteilt wird. Festzuhalten dürfte damit sein, dass § 27 Abs. 2 Satz 2 WoFG einen bestimmten Aufenthaltstitel nicht erfordert, die Gerichte die Erteilung aber jedenfalls bei solchen Aufenthaltsarten, die nur vorübergehend sind, sich also noch nicht verfestigt haben, ablehnen. Ein Anspruch besteht demnach nicht, wenn der Ausländer vollziehbar ausreisepflichtig ist oder über eine Duldung aufgrund eines nur vorübergehenden Abschiebungshindernis verfügt oder eine Aufenthaltsgestattung zur Durchführung eines Asylverfahrens hat und nicht absehbar ist, dass ihm ein Aufenthaltstitel von mindestens einem Jahr Dauer erteilt wird." (S. 6f.)

Welche Punkte sind nun für die Beratungspraxis relevant und sollten angewendet werden?

1. Ein WBS erfordert keinen eAT!

2. Ist jemand vollziehbar ausreisepflichtung und kann so nicht von einem dauerhaften Aufenthalt ausgegangen werden, besteht kein Anspruch auf einen WBS.

3. Hat jemand Gründe, die ein dauerhaftes Abschiedehindernis darstellen - bspw. humanitär - besteht dem Grunde nach Anspruch auf einen WBS.

4. Bei einer Gestattung kann man prinzipiell nicht von einem dauerhaften Aufenthalt ausgehen; daher wird der WBS nicht bewilligt.

5. Aber Ausnahme besteht bei Personen mit einer Gestattung, wenn dem Asylbewerber nach Auskunft der Ausländerbehörde voraussichtlich ein Aufenthaltstitel mit einer Geltungsdauer von mindestens einem Jahr erteilt wird.

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An wann gelte ich als “alleinerziehend“? Zum Grundsatzurteil des Bundesverwaltungsgerichtes.

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Wann kann eine Einmalige Pauschale in Höhe von 30 EUR beim Bürgergeld abgesetzt werden?